Georg Hempel wurde 1894 in Hamburg-Altona geboren. Er war Soldat im Ersten Weltkrieg und begann in den Schützengräben und Unterständen mit dem Scherenschnitt.
Schnell wurde er so bekannt, dass 1921 Westermanns Monatshefte ausführlich über ihn berichteten.
Ein Blatt aus dem Totentanz des Lebens ist die letzte Ernte: der Bauer und in seinen Fußstapfen, Freund Hein, ihm zugesellt wie ein in gleichem Schritt und Tritt gehender Kamerad, der es sanft machen wird mit dem Alten.
"Das submisseste Gesuch": dieser vor dem hochmögenden Herrn Aktuarius demütig den Hut ziehende Supplikant in der öden, durch
einen hohlen, hochbeinigen Stuhl angedeuteten Amtsstube.
... so ist es unserm Scherenkünstler auch in den beiden Naturausschnitten gelungen, nicht bloß Bäume und Pferde, Vogel und Reiter aus dem Papier zu holen, ...
... das am Boden hinschnürende Füchslein, das mit eingekniffener Rute nach Nahrung sucht, während das Vöglein, wohl geborgen auf dem Zweig, seiner lacht.
... und der Rattenfänger mit dem flatternden Mantel, so ganz versunken in seine Schalmeitöne, dass ihm die Tierlein, die er lockt, fast auf der Nase
herumspielen.
Hempel ist heil aus dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt. Vier Jahre als Soldat liegen hinter ihm. Er ist gut gekleidet und macht einen glücklichen Eindruck.
Ab 1923 wohnt er Im Winkel 27 in Altona, einer Siedlung für Kriegs-heimkehrer. Hier bleibt er bis zum Lebensende.
Ganz in der Nähe wohnen seine Brüder Ferdinand, Hugo und Rudolf.
Und noch jemand wohnte zeitweilig hier: Paul Friedrichsen
So sah es damals in der Straße Im Winkel (heute Rosenwinkel) aus. Eine Idylle! Hier hat Hempel 46 Jahre lang in der Steenkampsiedlung gelebt.
Den Lebensunterhalt verdiente er hauptsächlich mit Scherenschnitten, Buchillustrationen und kunstgewerblichen Arbeiten. Bei der allgemein schlechten wirtschaftlichen Lage dürfte das für eine junge Familie außerordentlich schwierig gewesen sein. Trotzdem hat Hempel sich für ein Leben als freischaffender Künstler entschieden.
Georg Hempel und Frau Emmi in ihrer ersten gemeinsamen Wohnung Im Winkel. Geheiratet hatten sie 1921 und waren sehr glücklich. Wenige Jahre später ist Emmi psychisch erkrankt und blieb unheilbar. Hempel gelang es, seine Frau vor der NS-Euthanasie zu bewahren. Bis zu ihrem Tode 1958 hat Georg sie geduldig mehr als dreißig Jahre lang liebevoll gepflegt.
Verlagstext:
Umschlagbild und Buchschmuck fertigte uns
Georg Hempel
Verlag der Buch-Ein-und Verkaufsgenossenschaft Hammerbrook
Hermann Volkhausen (Hrsg) Hamburg
Textsammlung
Verlagstext:
Uns Modersprak
Plattdütsche Böker för Kinner
Kinnerriemels von Hermann Claudius.
De Biller hebbt Georg Hempel un Elsbeth Mittelhaus mit de Scher sneden.
Verlegt bi dat Nordwestdütsche Dürerhus, Bremen.
Loki Schmidt erwähnt in ihem Buch "Kindheit und Jugend unter Hitler" Elsbeth Mittelhaus als ihre Lieblingslehrerin.
Verlagstext:
Umschlagbild und Buchschmuck fertigte uns Georg Hempel
Verlag der Buch-Ein-und Verkaufsgenossenschaft Hammerbrook
Hermann Volkhausen (Hrsg) Hamburg
Scherenschnitt "Im Morgengrauen" und anschließender "Heimritt".
Hempel hat manche Scherenschnitte offensichtlich leicht variiert.
Nun ja, ... da liegen einige Stunden dazwischen. Da kann ein zweiter Busch wachsen.
Postkarte nach einem Scherenschnitt von
Georg Hempel
Archiv der sozialen Demokratie
der Friedrich-Ebert-Stiftung
Lieder zur Laute und Gitarre
von Walter Gättke,
1896; † 1967 (Suizid)
Titelillustration und
Scherenschnitte von Georg Hempel
Verlag:
Buch-Ein- und Verkaufsgenossenschaft Hammerbrook, Hamburg
Lieder zur Laute
von Walter Gättke,
1896; † 1967 (Suizid)
Titelillustration und
Scherenschnitte von Georg Hempel
Verlag:
Buch-Ein- und Verkaufsgenossenschaft Hammerbrook, Hamburg
Scherenschnitte von Georg Hempel
Mappe mit 8 Tafeln.
Verlag:
Buch-Ein- und Verkaufsgenossenschaft Hammerbrook,
Hamburg 25, Borgfelder Straße 28
Ladenpreis dieser Mappe ist Mark 1,-
Zusammengestellt von Agust Albrecht
Auflage 451 bis 500 Tausend
Arbeiterjugend-Verlag Berlin
Titelbild Andreas Niessen
Scherenschnitte Georg Hempel
Verlagstext:
Dree Speelstücken von Hermann Claudius (Urenkel von Matthias Claudius)
De Biller hett Georg Hempel mit de Scher sneden.
Quickbornverlag
Für die Büchergilde Gutenberg gestaltet Hempel den Erzählband "Der Busch" von B.Traven.
Das war eine bedeutsame Arbeit. Traven war als Autor für den Erfolg der Büchergilde außerordentlich wichtig.
Hempel muss der Büchergilde sehr nahegestanden haben, wenn ihm diese Aufgabe übertragen wurde. Vermutlich kam er aus der Arbeiterbewegung und dem gewerkschaftlichen Umfeld.
Buchtitel nach einem Scherenschnitt von
Georg Hempel
siehe Postkarte von 1926
Luise Nordhold
Biografie einer Sozialdemokratin
1917-2011
ISBN 978-3-86602-907-1
Verlagstext:
Mit keiner anderen Partei sind Musik und Lieder der Arbeiterbewegung so verbunden wie mit der SPD.
Delegierte singen am Ende jedes Parteitages gemeinsam „Wann wir schreiten Seit´ an Seit´ und die alten
Lieder singen“.
Der Scherenschnitt ist dem Liederbuch Die Falken singen (1930) entnommen.
Dieser Scherenschnitt von Georg Hempel ist für mich ein Meisterwerk!
Es ist das erste signierte Original, das ich bei meinen Recherchen gefunden habe, zusammen mit dem signierten "Weiblichen Akt".
Stilistisch sind beide weit entfernt von den gedruckten Arbeiten.
Befreit von den Zwängen der Auftragsarbeit hat Hempel offensichtlich seine künstlerische Form gefunden, ohne die üblichen süßlich romantischen Anklänge des Sujets Scherenschnitt.
Zwei ausdrucksstarke Bilder.
Zeitlich lassen sich beide Arbeiten nicht eindeutig zuordnen. Anhand der sehr unterschiedlichen Signaturen kann aber ein großer zeitlicher Abstand angenommen werden.
Beide Werke wurden mir von dem Sammler J. Plantener für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Ihm gilt mein besonderer Dank.
Selbstporträt nach seinem letzten Foto
Museum für Kunst und Gewerbe
Hamburg
Georg Hempel verstand sich zunehmend auch als Kunsthandwerker. Neben seinen Scherenschnitten und Buchillustrationen fertigte er die unterschiedlichsten Dinge aus Metall. Dazu gehörten Knöpfe, Schalen, Dosen, Ringe, Spangen und Broschen.
Als Berufsbezeichnung wählte er ab 1937 Kunsthandwerker, ab 1939 nennt er sich Kunsthändler.
Das Foto zeigt ihn gemeinsam mit seiner Frau Emmy und einem unbekannten Dritten in der Werkstatt unterm Dach Im Winkel 27.
Hempel hat auch den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden und schnell fußgefasst. Bei Kriegsende war er 51 Jahre alt und fand sofort eine Anstellung beim Hamburger Arbeitsamt. Statt freier Künstler war er nun Behörden-Angestellter. Trotzdem blieb er nebenberuflich weithin künstlerisch tätig, aber die Aufträge blieben aus. Buchillustrationen von ihm sind nach 1945 nicht mehr bekannt. Der Markt für Arbeiterliteratur war tot und die Wandervogelbewegung war stehen geblieben.
Allerdings hatte Hempel seine Formensprache auch radikal gewandelt. Die Schnitte wurden immer abstrakter und entsprachen damit nicht dem Zeit-geschmack. Sie waren nur schwer zu verkaufen. Das Geld blieb also knapp.
Auch als Renter musste Hempel, trotz zunehmender Erkrankung, weiterarbeiten.
In den letzten Jahren zeigte Hempel neuen Gestaltungswillen und fing auch an zu malen. Leuchtende Farben kamen in sein Leben.
Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg
Dörfliche Idylle
Sammlung Kirsten Eta,
Hamburg
Zeit seines Lebens blieb Georg Hempel ein armer Hund.
Der Sohn eines Schlachters, selbst ein einfacher Arbeiter ohne Ausbildung, musste zum Broterwerb allerlei Tätigkeiten übernehmen, die nicht seinen künstlerischen Neigungen entsprachen. Trotzdem blieb er ohne Bitterkeit seinen Überzeugungen treu.
In den letzten Lebensjahren musste Hempel immer wieder ins Krankenhaus. Zurück in seiner bescheidenen Wohnung wurde er von seiner Nichte betreut und versorgt.
Heinz Blievernicht war ein alter Freund aus den jungen Jahren der Deutschen Arbeiterjugend. Er sorgte dafür, dass Hempels künstlerischer Nachlass seit 1992 im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe bewahrt wird.
Beerdigt wurde Georg Hempel auf dem Alten Friedhof in Niendorf.
Die Grablage lautet:
Abteilung II Reihe 19 Stelle 5
Die Urne von Emmi Alwine Marie Hempel wurde zuvor am 14. April 1959 beigesetzt. Sie wurde 63 Jahre alt. Das Grab von Georg Hempel und seiner Frau existierte dort bis 1990, dann wurde die Grabstätte aufgehoben. Der letzte Nutzungsberechtige war Max Möller, er starb 1976.