Paul Friedrichsen wurde am 6. Oktober 1893 in Kiel geboren, besuchte die Kunstakademie in Berlin, wo er in der Klasse von Lovis Corinth arbeitete, setzte seine Studien in Breslau fort, kam aber dann nach Hamburg und wohnte zuletzt in Blankenese, wo er 1969 starb.
In den frühen 1960er Jahren habe ich bei Paul Friedrichsen, dem Blankeneser Meister des Scherenschnitts, ein Schülerpraktikum gemacht.
Er hat mich in die Geheimnisse des Scherenschnitts eingeweiht.
Die beiden Arbeiten "Springlebennig" und "An min Fähr" hat er mir zum Abschied geschenkt.
Ich war sehr stolz darauf und habe diese großzügige Geste bis heute nicht vergessen.
Paul Friedrichsens Scherenschnitte von Elbe und Schiffahrt, von Hamburger Typen und der Küstenlandschaft, haben Freunde in aller Welt gefunden. Die altväterliche Balustrade der
Lombardsbrücke mit dem im Dunst silhouettenhaft erscheinenden Jungfernstieg im Hintergrund hat ihn einst veranlasst, seinen schwarzen Scherenschnitten eine graue Silhouette zu hinterlegen. Dieser
Manier, die einen neuen Silhouettenstil bedeutete, ist er bis vor wenigen Jahren treu geblieben. Aber dann war er der "Schwarzen Kunst" müde geworden. Ihn hungerte nach Farbe, nach plastischer
Gestaltung. Es trieb ihn, seine Welt auch einmal anders als im Profil darzustellen. Seitdem hat er in Aquarellen und Ölbildern Szenen aus dem Hafen, Landschaften am Strom, Idyllen an der Küste
und auf den Halligen, Stimmungen in der Heide eingefangen, in denen, wie kaum bei einem andern Maler unserer Zeit, die Palette die Technik bestimmte.
Johs. Sass, Hamburger Abendblatt 04.10.1958
Der eine Handschnitt heißt "Am Hoben", der andere "Hobenlüd".
Offensichtlich hat Friedrichsen sich selbst kopiert und erfolgreiche Motive leicht variiert mehrfach wiederholt.
Die Motive "Schippanstricker" und "Schippanmoler" sind nahezu identisch. Ich wurde nur aufmerksam, weil die Titel unterschiedlich waren. Natürlich kann man das Papier doppellagig schneiden, aber trotzdem ...
"Sünd ji all dor?" und "Seid ihr alle da?".
Kasperle-Theater in Hamburg und anderswo. Das Puplikum ist dasselbe. Der Scherenschnitt (rechts) ist allerdings ein dreistes Plagiat mit unleserlicher Signatur.
Der norddeutsche Sammler J. Röpenack hat diese ungewöhnlichen Schnitte von Paul Friedrichsen zur Verfügung gestellt.
"Hobenlüd"
Auf dem Weg zur Schicht. Hafenarbeiter an den Landungsbrücken.
Ein für Friedrichsen eher ungewöhnliches Querformat ...
Diese drei Szenen aus der Arbeitswelt des Hamburger Hafens - ohne jede Folklore - sind von hohem künstlerischem Wert.
... und noch mal quer und überaus quirlig: "Hamburg"
in ungewöhn-licher Größe (48 x 84 cm) und auch sonst einzigartig.
Die bekannten Hafenszenen, allerdings ohne die übliche zweite graue Ebene. Wirkt puristisch. Irgendwie fehlt etwas. So schnell hat man sich an die sonst so opulente Bildsprache von Friedrichsen gewöhnt.
Ungewöhnliches zweifarbiges Motiv einer Heidelandschaft. Diese Form war eigentlich für die Hamburgensien reserviert.
Zeitlich lassen sich die beiden Porträts von Brahms und Händel nicht einordnen. Signatur und Stil sind untypisch für Friedrichsen.
Rolf und seine Freunde
von Werner Demuth
Lesebuch für Hamburger Schulen
vom 3. Schuljahr an
Georg Westermann Verlag 1966
Einband und Scherenschnitte von
Paul Friedrichsen
Titelillustration
Chronik der Stadt Hamburg
Johannes Saß / Hermann Okraß
Adolf Hitler und
Fritz Todt betrachten das Modell der Elbhochbrücke
(Obersalzberg, 18. Mai 1937)
Paul Hartung Verlag, Hamburg
Herausgegeben vom
Nationalsozialistischen Lehrerbund Gau Hamburg
Illustrationen Paul Friedrichsen
Schon sehr früh hat Friedrichsen sich der nationalsozialistischen Ideologie angepasst. Manche seiner Scherenschnitte aus diesen Jahren erscheinen heute problematisch.
In diesem Jahrbuch ist ein dreifarbiger Scherenschnitt von Paul Friedrichsen abgebildet. Der Einzige den ich kenne.
Die Illustrationen sind eher romantisch und belanglos, jedenfalls noch ohne direkten nationalsozialistischen Bezug.
Der von der SS getragene Verein Lebensborn wurde erst Ende 1935 gegründet.
Im Nachlass von Wiechert befinden sich sechs Scherenschnitte von Friedrichsen, die Bezug zu Ostpreußen und/oder dem Schriftsteller haben könnten.
Anläßlich seines 50.Todestages erschien eine Sonderbriefmarke zu seinem Gedenken.
Sieben Postkarten nach orig. Schattenrissen von Paul Friedrichsen
Buchschmuck und Zeichnungen von
Paul Friedrichsen
Neun Handschnitte
Herausgeber:
Sächsischer Pestalozzi-Verein
Aus Niederdeutachland
Schwarzweiß-Bilder
von Paul Friedrichsen
Quickborn-Verlag Hamburg
Mappe mit ursprünglich 8 Blöttern.
Blatt 1 fehlt.
Paul Friedrichsen in seinem Atelier. Das Foto wurde 1953 anlässlich seines 60. Geburtstages veröffentlicht.
Die Galerie Commeter hatte ihm zu Ehren eine Ausstellung organisiert. Der Hamburger Anzeiger hat berichtet.
In der Blankeneser Hauptstraße 25 starb am 18. März 1969 im 76. Lebensjahre der bekannte Silhouetten-Schneider Paul Friedrichsen. Diese Technik, in alter Zeit einmal ein Gesellschaftsspiel, hatte er zu einer Kunst erhoben. Sie war so einmalig, daß er sie anlässlich seines 75. Geburtstages in der "Aktuellen Schaubude" vorführen musste. Zuweilen aber überwältigte Paul Friedrichsen die Sehnsucht nach Farbe: Dann entstanden in leuchtenden Tönen seine Bilder von der Elbe, von der Nordseeküste und den Inseln.
Hamburger Abendblatt 22./23.03.1969
Die Grabstätte liegt auf dem Friedhof Blankenese H 420. Das Grab ist inzwischen allerdings abgeräumt.
Paul Friedrichsen hat zeitweilig genau wie Georg Hempel in der Steenkampsiedlung in Hamburg-Bahrenfeld gewohnt. Ob die beiden Künstler sich kannten und Kontakt hatten ist nicht belegt. Weltanschaulich lagen sie weit auseinander.
Paul Friedrichsen lebte ab 1931 in der Kluckstraße 172 (heute Wichmannstraße).
!933 zog er in das sogenannte Ledigenheim in der Ebertalleee 172
Fotos: © Chronik Steenkampsiedlung